Sprayereien:
Schmierereien oder Kunst?


 

So begann`s.
Schon vor vielen tausend Jahren, als unsere Vorvorfahren begannen aufrecht zu gehen, hatten sie das Bedürfnis sich mitzuteilen. Sie begannen ihre Behausungen, ihre Höhlen zu verzieren. Mit sehr harten Steinen (Metall kannten sie noch nicht) kratzten sie ihre Umgebung, ihr Leben in den Fels: Tiere wie z.B. Mammuts oder Wisents, Jagdszenen und vieles mehr. Manchmal kolorierten sie das Eingeritzte mit Naturfarben.
Noch kannten sie kein Alphabet, keine Buchstaben. Ausser dem phonetischen war dies die einzige Art wie sie sich mitzuteilen wussten. Ihre "Wandzeitungen" werden heute noch, nach Tausenden von Jahren "gelesen". Sie gelten als hochwertige Kunstwerke und wertvolle Dokumente der menschlichen Zivilisation.

 


Mammut, Ritzzeichnung,
Les Combarelles (Dordogne)
Länge 0,80 m


 


Chessiloch bei Grellingen (Röseligarte)


Felsmalereien.
Während des Ersten und Zweiten Weltkriegs hütete unsere älteste Generation, also unsere Urgrossväter, Grossväter und Väter die Grenze. Monatelang waren sie von zu Hause, von ihren Liebsten weg. Irgendwo im Hügelland oder Gebirge bauten sie Stellungen und Panzersperren. Diese Zeit musste natürlich mit einem "Denkmal" dokumentiert werden. So bemalten sie die Felsen der näheren Umgebung mit ihren Kantonswappen und Einheitszeichen, oder sie schufen sonstwelche Skulpturen aus Beton, Naturstein oder Eisen. Der Wanderer begegnet vielerorts solcher Zeitzeugen.

Und heute...
Auch die Jungen von heute haben das Bedürfnis sich mitzuteilen: Sie besprayen dazu Haus- und Stützmauern. Ohne Einwilligung des Besitzers ist dies illegal. Die meisten Sprayereien wurden und werden bei Nacht und Nebel angebracht. Viele Hausbesitzer haben schon schlechte Erfahrungen gemacht und mussten für teures Geld ihre Fassade neu malen lassen. Doch, es gibt auch Ausnahmen. Nicht jedes illegal aufgesprayte Bild ist ein Geschmier. Manch graue Wand oder Stützmauer wird durch das anbringen eines Bildes viel attraktiver. Schauen wir zuerst einige dieser positiven Beispiele an.

 

 


Die mauerdurchbrechende Liebe
Pumpwerk Tecknau



So sieht dieselbe Pumpwerkfassade heute, anfangs 2002 aus. Sie ist nun etwas schöner als noch vor einem Jahr, als sie brutal übersprayt war, aber dennoch schade.

  Oben sehen sie ein Graffiti gesprayt am Pumpwerk Tecknau, nördlich des Dorfes an der Kantonsstrasse. Dieses Werk verkündet eine Botschaft. Es deutet an, wie die Kraft der Liebe solide Mauern zu durchbrechen vermag. Soviel ich weiss, wurde es illegal angebracht; kein Auftragswerk. Seine Grösse: ca. 3-4 m lang und 2 m hoch. Geschaffen in einer einzigen Nacht. Meiner Meinung nach eine gelungene Sache. Schöner als eine monotone helle Hausfassade. Die Verzierung eines schlichten Bauwerks. Die Gemeinde Tecknau kam auf diese Weise gratis zu einem Kunstwerk. Es besteht nun schon seit mehr als zehn Jahren und ich hoffe es bleibe und werde nie übermalt. (Anmerkung 2001 brutal versprayt!)

Fernöstliche Schriftzeichen
Rechts sehen sie ein Graffiti das ich in Liestal entdeckte und zwar zwischen der Windentalstrasse und der Strasse zum Heidenlochquartier. Es befindet sich auf dem Pausenplatz eines Kindergartens an einem Servicegebäude. Eine Türe wurde damit verziert. Grösse ca. 0,80m x 2,00m. Meiner Meinung nach sind es fernöstliche Schriftzeichen (Japan?). Wenn es eine Bedeutung hat, was mag es wohl heissen? Vielleicht Kinder-Spiel-Platz. Es wurde in den Farben: schwarz, rot, Gold erstellt, also in Farben, die sich sehr gut ergänzen, das heisst sehr gut zusammenpassen. Diese Farben erinnern mich an die Fahne der BRD.
Wenn ich mit dem Zug in Basel einfahre, geniesse ich immer den Blick auf die Stützmauern am Geleiserand. Neben vielen Schmierereien kann man dort einige gelungene Objekte bewundern.

 


  Schmierereien
Doch nun zu dem Unerfreulichen, zu dem, das für den schlechten Ruf des Sprayens verantwortlich ist, dem leider vorherrschenden Geschmier. Solche Wände, wie die rechts gezeigte Trafostation sieht man leider viel zu oft. Ungefähr 90 bis 95% der Graffitis sehen so aus. Im Vergleich mit dem Obigen wirkt dies wie Tag und Nacht. Was denken wohl diese "Künstler", die solches verbrechen? Glauben sie dies sei schön? Es stellt nichts konkretes dar und ist meist auch farblich nichts Besonderes. Zudem bestehen diese langweiligen Schmierereien zum grössten Teil nur aus Buchstaben.

 

Ich glaube, man sagt dem "Tags". Gemeint ist damit sowas wie eine Unterschrift. Blitzschnell sind sie aufgesprayt und schon ist der Täter verschwunden. Es erinnert an das Markieren der Hunde, an jeder Ecke das Bein hoch und einen "Sprutz" raus, ich war hier, dies sollen alle sehen und der Hausbesitzer hat das Geschenk! Was mich dabei verwundert ist, das diese Tags meistens noch dreist einen Namen bedeuten. Man sollte doch diese Täter hiermit fassen können. Da lese ich sowas wie Onza oder Ricardo Mas, da sollte man doch jemanden finden, der sich hinter diesen Namen verbirgt! Oder sind das nur Pseudonyme?

 


"Sprayaway" - sauberes Baselbiet im neuen Jahrtausend.

Heute bekam ich von der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung ein Schreiben. Sie möchte sich am Entfernen dieser Schmierereien beteiligen. Bis zu 2`000.-Fr. pro Liegenschaft will sie locker machen. Das Baselbiet soll sich im Jahr 2000 von seiner besten Seite und sauber präsentieren. Eine gute Idee, die Lob und Beachtung verdient.
Gleichzeitig soll an den Schulen eine Präventionskampagne durchgeführt werden. Die Jugendlichen sollen einen tieferen Bezug zur Architektur als wertvolles Kulturgut erhalten. Ferner sollen sie wieder vermehrt fremdes Eigentum respektieren lernen.
Ich hoffe, die Aktion "Sprayaway" sei ein Erfolg, damit in Zukunft in unserem Kanton weniger illegal versprayte Gebäude anzutreffen sind.

20.10.1999


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